Wenn der Standort ins Wanken gerät
Rund 3.000 deutsche Unternehmen unterhalten eine Tochtergesellschaft in Frankreich – und jede einzelne kann früher oder später mit wirtschaftlichen Turbulenzen konfrontiert werden. In solchen Momenten wird die Verbindung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft auf eine harte Probe gestellt: organisatorisch, finanziell und rechtlich. Besonders im französischen Rechtssystem ist es entscheidend, frühzeitig die richtigen Weichen zu stellen. Wer klug handelt, kann Risiken minimieren, Werte schützen und gezielt die Grundlagen für eine stabile Zukunft schaffen – noch bevor sich Probleme hochsteigern.
Seit über 35 Jahren begleiten wir deutsche Muttergesellschaften bei der rechtssicheren Reorganisation ihrer französischen Tochtergesellschaften – diskret, pragmatisch und lösungsorientiert. Ob akute Krise oder strategische Neuausrichtung: Wir kennen die Fallstricke und Handlungsspielräume im französischen Recht genau.
Sprechen Sie unsere deutsch-französische Anwaltskanzlei frühzeitig an – bevor es eskaliert. Gemeinsam entwickeln wir eine passgenaue Strategie zur Sicherung Ihrer Interessen in Frankreich.
Wenn es anfängt zu kriseln
Konkrete Erscheinungsformen der Krise
Krisen kündigen sich selten über Nacht an. Vielmehr entstehen sie schrittweise – oft unbemerkt – und äußern sich in konkreten, wiederkehrenden Störungen im Alltag der französischen Tochtergesellschaft. Wer diese Signale frühzeitig erkennt, kann nicht nur die Lage vor Ort stabilisieren, sondern auch vermeiden, dass sich die Probleme auf die deutsche Muttergesellschaft ausweiten – etwa durch finanzielle Verluste, Reputationsschäden oder rechtliche Risiken. Gerade in einem fremden Rechts- und Wirtschaftssystem wie dem französischen können kleine strategische Fehler schnell große Wirkung entfalten – und sich auch auf die Muttergesellschaft in Deutschland auswirken.
Typische Erscheinungsbilder sind:
Stetiger Rückgang der Bestellungen:
Die Auftragseingänge gehen kontinuierlich zurück – ein deutliches Zeichen für schwindende Marktpräsenz oder Unzufriedenheit auf Kundenseite.
Chaos bei der Auftragsabwicklung:
Interne Prozesse geraten durcheinander, Lieferfristen werden nicht eingehalten, es kommt vermehrt zu Fehlern im Kundenservice – was die Beziehung zu Geschäftspartnern nachhaltig beschädigen kann.
Schwäche bei der Liquidität:
Die verfügbaren Mittel reichen nicht mehr aus, um die laufenden Kosten zu decken. Die Gesellschaft muss Zahlungen verzögern oder priorisieren – was das Vertrauen von Banken, Lieferanten und Mitarbeitern entzieht.
Überschuldung:
Die Verbindlichkeiten übersteigen das Vermögen der Gesellschaft. Eine bilanzielle Überschuldung ist für Geschäftspartner ein Warnsignal und sie verzichten auf Bestellungen oder Finanzierungshilfe.
Rückstände bei Zahlungen:
Steuerschulden, unbezahlte Sozialabgaben (z. B. URSSAF), verspätete Lieferantenrechnungen – all das sind Indikatoren für ein strukturelles Ungleichgewicht. Solche Situationen sind besonders kritisch, da sie eine direkte Zahlungsunfähigkeit und somit Insolvenz auslösen können – manchmal mit erheblichen Folgen auch für die Muttergesellschaft.
Konflikte mit Partnern:
Kunden, Banken oder Lieferanten stellen Bedingungen, fordern Sicherheiten oder leiten rechtliche Schritte ein. Auch das kann ein Indikator für schwindendes Vertrauen sein.
Wiederkehrende Probleme mit dem Personal vor Ort:
Es gibt häufig Kündigungen, Krankmeldungen oder Streiks.
Verlust operativer Kontrolle:
Das Management vor Ort ist überfordert oder instabil. Entscheidungsprozesse werden verzögert, strategische Planung fehlt oder ist nicht mehr umsetzbar.
Schlechte Kommunikation mit der deutschen Muttergesellschaft:
Die verschiedenen Abteilungen bei der Muttergesellschaft beklagen sich über die fehlenden Rückmeldungen oder die schlechte Arbeitsqualität in Frankreich oder die deutsche Geschäftsführung kann trotzt wiederholten Versuchen keine Vertrauensbasis mit dem Team der Tochtergesellschaft schaffen.
Negative Außenwahrnehmung:
Gerüchte, schlechte Presse oder negative Bewertungen in sozialen Netzwerken verstärken den Kriseneindruck und wirken sich direkt auf Marktposition und Personalbindung aus.
Jede dieser Erscheinungen kann sich allein genommen stabilisieren lassen – in der Summe jedoch führen sie oft zu einem Punkt, an dem die Unterstützung der Muttergesellschaft notwendig wird. Je früher gehandelt wird, desto mehr Handlungsspielraum bleibt.
Ursachen der Krise
Die Ursachen für eine Krise in einer französischen Tochtergesellschaft sind meist vielschichtig. Selten gibt es nur einen einzelnen Auslöser – in der Regel handelt es sich um ein Zusammenspiel interner Schwächen und externer Belastungen.
Typische Ursachen sind:
Fehlende Marktanpassung:
Das Geschäftsmodell, die Preisstrategie oder das Produktangebot sind nicht auf die spezifischen Anforderungen des französischen Marktes abgestimmt. Dadurch verliert die Tochtergesellschaft schrittweise Kunden und Marktanteile.
Strategie verfehlt:
Es kann sich herausstellen, dass die strategische Entscheidung von der Muttergesellschaft, ein Unternehmen in Frankreich zu gründen, nicht erfolgreich ist. Der anvisierte Markt ist in Frankreich vielleicht nicht so präsent oder die Marktentwicklung ist schwieriger als in Deutschland. Die Gewinne sind dementsprechend viel niedriger als von der deutschen Muttergesellschaft erwartet.
Unzureichende Steuerung durch die Muttergesellschaft:
Die deutsche Zentrale erhält keine verlässlichen Berichte zur Geschäftsentwicklung, greift zu spät ein oder überlässt dem Management vor Ort zu viel Entscheidungsfreiheit ohne Kontrolle.
Falsche oder instabile Führungsbesetzung:
Die Geschäftsführung vor Ort ist fachlich oder sprachlich überfordert, es fehlt an Erfahrung mit der Personalführung bzw. dem französischen Arbeitsrecht oder an interkulturellem Verständnis. Dies führt zu Fehlentscheidungen und einem Vertrauensverlust im Team. Die Geschäftsführung wird aus Deutschland gesteuert und ihr fehlt die notwendige Zeit oder Kompetenz für den französischen Markt.
Organisatorische Überforderung:
Die Tochtergesellschaft wächst zu schnell, ohne dass Strukturen und Prozesse mitziehen. Oder die Koordination innerhalb der französischen Tochtergesellschaft und mit der Muttergesellschaft ist mangelhaft, wodurch die Qualität der Produkte und der Dienstleistungen leidet. Die Folge sind ineffiziente Abläufe, Fehler in der Auftragsabwicklung und Unzufriedenheit bei Kunden. Es ist auch möglich, dass Kundenbeschwerden nicht effizient bearbeitet werden, mit der Folge, dass sie zu kostspieligen Konflikten eskalieren.
Finanzielle Fehlplanung:
Die Liquiditätssteuerung ist unzureichend, Fixkosten sind zu hoch und der Zugang zu frischem Kapital ist nicht gesichert. Zahlungsengpässe entstehen, die nicht rechtzeitig überbrückt wurden bzw. werden können.
Versäumnisse bei rechtlichen und administrativen Pflichten:
Meldepflichten gegenüber französischen Behörden (z. B. URSSAF oder Finanzamt) werden nicht erfüllt oder fehlerhaft abgewickelt. Auch das Arbeitsrecht und Sozialversicherungspflichten sind häufig Stolpersteine.
Externe Auslöser:
Marktveränderungen, geopolitische Entwicklungen oder konjunkturelle Schwankungen treffen die Tochtergesellschaft unvorbereitet. Besonders gefährlich wird es, wenn wichtige Kunden abspringen oder die Lieferkette gestört wird.
Diese Ursachen wirken oft gleichzeitig und verstärken sich gegenseitig. Für die Muttergesellschaft ist es daher entscheidend, nicht nur die Symptome zu bekämpfen, sondern die tieferliegenden Probleme zu analysieren – idealerweise mit juristisch und wirtschaftlich fundierter Unterstützung vor Ort.
Ist eine Umstrukturierung der französischen Tochtergesellschaft angebracht?
Ganz gleich um welche Art von Krise es sich handelt (meistens auf mehreren Ebenen), veranlassen bestimmte Ereignisse sofort zu handeln.
Wann kommt es zur Umstrukturierung?
Die Berichte der BWA zeigen sinkende monatliche Betriebsergebnisse
Die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) ist ein nützliches Buchhaltungs-Tool um die Entwicklung der Geschäftstätigkeit Ihrer Filiale in Frankreich jeden Monat verfolgen zu können. Es ist in Frankeich nicht so verbreitet, aber viele deutsche Mutterkonzerne haben die BWA gemeinsam mit ihrem örtlichen Steuerberater eingerichtet. Es wird empfohlen, dass der französische Steuerberater die Inhalte so eng wie möglich an die deutschen BWA-Standards anpasst, damit die deutsche Geschäftsführung die Berichte problemlos auswerten kann.
Die BWA berücksichtigt Informationen wir den Umsatz, Betriebsausgaben, Betriebsergebnis und andere Schlüsselzahlen, mit denen die Entwicklung und die Wirtschaftlichkeit der Gesellschaft monatlich ausgewertet werden kann. Dadurch wird eine Schieflage rechtzeitig erkannt.
Für eine deutsche Muttergesellschaft mit französischem Standortspielt die BWA eine wichtige Rolle in der Leitung des Konzerns mit dem sie:
- Die finanzielle Leistung ihrer Tochtergesellschaft in Echtzeit verfolgen kann und dadurch kleine Abweichung frühzeitig bemerken und vermeiden kann, dass sich die Lage langfristig verschlimmert;
- Informiert Entscheidungen in Bezug auf Investitionen und Finanzierung treffen kann;
- durch zuverlässige und aktuelle Daten-Durchgabe mit Banken und anderen Investoren stets eine transparente Kommunikation vermitteln kann
Wenn die fälligen Forderungen nicht mehr ausreichen, um Gläubiger zu befrieden
Dieses Anzeichen ist für Gesellschaften, in denen die Selbstfinanzierung schon schwach war, besonders alarmierend.
Dieser Fall trifft ein, wenn mit den offenen Forderungen, wie ausstehenden Kundenrechnungen, die regelmäßigen Betriebskosten, die im Geschäftsleben entstehen (Miete oder Zulieferer etc.), nicht rechtzeitig oder sogar nicht mehr beglichen werden können.
Das Risiko für die Tochtergesellschaft sind Zahlungsausfälle, die zu Vollstreckungsverfahren führen können und dem Image des Konzerns schaden.
Vor diesem Hintergrund sollte die Muttergesellschaft, mittels eines wöchentlichen Berichts zum Liquiditätsbedarf, unbedingt die Finanzen Ihrer Tochtergesellschaft im Blick haben und eingreifen können, bevor die Situation nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Durch die präventive Kontrolle durch die Muttergesellschaft, können sich abzeichnende Krisen gegebenenfalls vermieden werden, indem Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden. Eine Umstrukturierung der Tochtergesellschaft in wirtschaftlicher und in strategischer Hinsicht kann Abhilfe verschaffen, um sich wettbewerbsfähig auf dem Markt durchzusetzen und die Geschäftstätigkeit wieder anzukurbeln.
Aus rechtlicher Sicht darf es auf keinen Fall zur Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft kommen, da sonst ein französisches Insolvenzverfahrens eröffnet wird. Genau genommen muss der gesetzliche Vertreter bei Zahlungsunfähigkeit umgehend beim zuständigen Handelsgericht (tribunal de commerce) Insolvenz anmelden; und schon ist die Leitung der Tochtergesellschaft nicht in eigenen Händen.
Anmerkung: Befindet sich die Gesellschaft in Überschuldung, also ein Zustand exzessiver Schulden im Sinne § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO des deutschen Rechts, hat das im französischen Insolvenzrecht keinen direkten Einfluss auf die Insolvenz. Im französischen Recht gibt es keinen vergleichbaren juristischen Begriff: Ein Insolvenzverfahren wird nur dann eröffnet, wenn sich die Gesellschaft sich als zahlungsunfähig erweist.
Infolgedessen wird die Vervielfachung von Krisen, voraussichtlich zu einer Anhäufung von Schulden führen. Dies ist im Hinblick auf eine drohende Insolvenz nicht unbedingt besorgniserregend ist, da wachsende Schulden einer Gesellschaft nicht zwingend zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führen.
Nichtsdestotrotz spiegelt diese Situation sich in der Unternehmensbilanz wider, und führt dazu, dass Banken Finanzierungen verweigern und Geschäftspartner sich anderweitig orientieren.
Stetige Finanzspritzen der Muttergesellschaft ohne Aussicht auf Verbesserung
Wenn die finanziellen Spritzen der Muttergesellschaft (Liquiditätsvereinbarung, Kapitalerhöhung, Forderungsverzicht …) zur Gewohnheit werden und die Tochtergesellschaft es trotzdem nicht wieder in den Grünen Bereich schafft, sprechen wir von wirtschaftlicher Abhängigkeit ohne positive Aussichten für die Tochtergesellschaft
In diesem Kontext wird eine Umstrukturierung notwendig, damit die Tochtergesellschaft finanziell unabhängig wird.
Welche Maßnahmen der Restrukturierung?
Wenn sich eine Krise in der französischen Tochtergesellschaft verfestigt oder absehbar nicht aus eigener Kraft bewältigt werden kann, stellt sich die Frage nach geeigneten Restrukturierungsmaßnahmen. Ziel ist es dabei nicht nur, kurzfristig Kosten zu senken, sondern die Strukturen dauerhaft zu stabilisieren, das operative Geschäft zu sichern oder – wenn nötig – eine geordnete Abwicklung vorzubereiten. Welche Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll sind, hängt von der konkreten Lage der Tochtergesellschaft, der Strategie der Muttergesellschaft und dem rechtlichen Handlungsspielraum im französischen System ab.
Juristische Restrukturierungsverfahren in Frankreich
Frankreich bietet neben der klassischen Kapitalerhöhung zur weiteren Finanzierung der Tochtergesellschaft mehrere rechtlich geregelte Verfahren zur gerichtlichen Sanierung oder Insolvenz krisenbetroffener Unternehmen. Diese Verfahren sind – anders als in Deutschland – sehr formalisiert und unterliegen strengen Fristen und Zuständigkeiten der Gerichte:
- Das Schutzverfahren („Procédure de sauvegarde“) ermöglicht es einem Unternehmen, sich unter gerichtlichem Schutz vor Gläubigern zu restrukturieren, bevor eine Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Es bietet Zeit, um einen Sanierungsplan zu entwickeln und gleichzeitig den Fortbestand zu sichern.
- Im Fall bestehender Zahlungsschwierigkeiten kann ein gerichtliches Sanierungsverfahren („Redressement judiciaire“) eingeleitet werden. Ziel ist die Fortführung des Unternehmens unter Aufsicht des Handelsgerichts. Die Geschäftsführung bleibt im Amt, wird aber überwacht.
- Wenn keine Sanierung mehr möglich ist, kann das Gericht die Liquidation mit Abwicklung anordnen („Liquidation judiciaire“). In diesem Fall wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt, der das Vermögen verwertet und die Gläubiger befriedigt.
- Außergerichtliche Einigungen sind im Rahmen eines „mandat ad hoc“ oder eines Schlichtungsverfahrens („conciliation“) möglich. Diese Verhandlungen mit Gläubigern erfolgen vertraulich und unter Leitung eines vom Gericht bestellten Vermittlers.
- Bei einer geplanten Übernahme durch einen Dritten kann ein sogenannter „Plan de cession“ zur Anwendung kommen, mit dem Ziel, einen Teil des Geschäftsbetriebs zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern.
Operative Maßnahmen in der Tochtergesellschaft
Neben den formalen Verfahren können auch eine Reihe operativer Maßnahmen zur Restrukturierung beitragen. Diese sollten sorgfältig geplant und in enger Abstimmung mit der Muttergesellschaft umgesetzt werden:
- Personalmaßnahmen wie Entlassungen, Umstrukturierungen oder Standortschließungen müssen unter Einhaltung des französischen Arbeitsrechts vorbereitet werden, insbesondere im Rahmen eines Sozialplans („Plan de sauvegarde de l’emploi“, PSE).
- Verträge mit Lieferanten, Vermietern oder Dienstleistern sollten neu verhandelt oder angepasst werden, um laufende Kosten zu reduzieren oder Flexibilität zurückzugewinnen.
- Ein Wechsel im lokalen Management kann erforderlich sein, um neue Impulse zu setzen und das Vertrauen von Mitarbeitern, Partnern und Gläubigern zurückzugewinnen.
- Verkäufe nicht betriebsnotwendiger Vermögenswerte können Liquidität freisetzen und helfen, kurzfristige Engpässe zu überbrücken.
- Digitalisierungs- und Prozessoptimierungsmaßnahmen bieten langfristige Effizienzgewinne und tragen zur Neupositionierung bei.
Maßnahmen auf Ebene der Muttergesellschaft
Auch auf Ebene der deutschen Muttergesellschaft sind oftmals strategische und rechtliche Überlegungen notwendig, um die Restrukturierung rechtssicher und effizient zu begleiten:
- Die Muttergesellschaft kann konzerninterne Finanzierungen zur Verfügung stellen, etwa durch Cash pooling, Darlehen, Kapitalerhöhungen, um die Liquidität zu stabilisieren. Dabei ist jedoch eine genaue rechtliche Analyse notwendig, um Haftungsrisiken zu vermeiden. Die Patronatserklärung (lettre de confort) stellt nur eine moralische Verpflichtung der Muttergesellschaft gegenüber einem Gläubiger der Tochtergesellschaft dar. Durch diese Erklärung versichert die Muttergesellschaft, dass die Tochtergesellschaft ihren Verpflichtungen nachkommen wird. Im Grunde genommen hat diese Erklärung keine bindende Wirkung, aber der Ruf des Konzerns steht auf dem Spiel.
- Eine stärkere Kontrolle durch die Einsetzung eines Vertrauensgeschäftsführers aus Deutschland oder gut bekannten externe Beraters vor Ort kann helfen, operative Fehler zu vermeiden und Transparenz zu schaffen.
- Wenn die Fortführung der Tochtergesellschaft nicht mehr im strategischen Interesse liegt, kann auch eine Veräußerung oder einvernehmliche Auflösung durch die Muttergesellschaft in Betracht gezogen werden.
- Schließlich sollte die interne Kommunikation und Compliance auf Konzernebene überprüft werden, um Reputationsrisiken und Fehler bei der Berichterstattung zu vermeiden.
Vorsicht! Die Einmischung durch die Muttergesellschaft, um der Tochter unter die Arme zu greifen ist manchmal gefährlich, da es keine faktische Unternehmensführung sein darf mit der Folge einer möglichen Haftung der Muttergesellschaft mit ihrem eigenen Vermögen. Es ist durchaus zu empfehlen, ein Auge auf den Geschäftsbetrieb der Tochtergesellschaft zu haben, aber es ist wichtig, es so zu gewichten, dass keine Gefahr daraus entsteht.
Wie kann man in einer finanziellen Krise seine Vermögenswerte schützen?
Sobald sich eine finanzielle Krise in der französischen Tochtergesellschaft abzeichnet, stellt sich für die deutsche Muttergesellschaft die Frage, wie sie ihre Vermögenswerte schützen kann, bevor Gläubiger, Insolvenzverwalter oder Behörden Zugriff nehmen. Dabei ist äußerste Vorsicht geboten: Maßnahmen zur Vermögensverschiebung, die ausschließlich Gläubigerinteressen umgehen sollen, können rechtlich als anfechtbar oder sogar strafbar gewertet werden – sowohl nach französischem als auch nach deutschem Recht. Dennoch gibt es legitime Handlungsspielräume, um rechtzeitig vorzusorgen und Haftungsrisiken zu minimieren.
Frühzeitige rechtliche Prüfung der Vermögenslage
Inhalt
Bevor konkrete Maßnahmen ergriffen werden, sollte eine umfassende Analyse durchgeführt werden: Welche Vermögenswerte (z. B. Maschinen, Immobilien, Markenrechte, Forderungen, Softwarelizenzen) befinden sich im Eigentum der Tochtergesellschaft? Welche davon sind durch Kredite oder Verträge belastet? Wo bestehen Abhängigkeiten vom Konzern? Besteht ein Risiko der Durchgriffshaftung gegenüber der Muttergesellschaft im Insolvenzfall, der das Vermögen der Muttergesellschaft auch gefährden könnte?
Handlungsempfehlung
Ein genaues juristisches Audit ist unabdingbar. Befinden sich z.B. laut Auditergebnis Anlagen im Eigentum der Muttergesellschaft, können sie nicht ohne Weiteres nach Deutschland überlagert werden, sind aber in der Regel für einen Insolvenzverwalter nicht greifbar.
Konzerninterne Vereinbarungen schriftlich festhalten
Inhalt
Oft bestehen konzerninterne Nutzungsverhältnisse, z. B. bei Marken oder IT-Infrastrukturen, nur mündlich oder ohne genaue Vertragsgrundlage. Dies kann im Krisenfall problematisch werden.
Handlungsempfehlung
Die Muttergesellschaft sollte frühzeitig schriftliche Lizenz-, Darlehens- oder Dienstleistungsverträge abschließen, um ihre Rechte zu dokumentieren, wobei eine Rückdatierung aus strafrechtlicher Sicht vermieden werden soll.
Vermeidung von Gläubigerbenachteiligung
Inhalt
Maßnahmen wie Vermögensübertragungen, Schuldentilgungen an Konzerngesellschaften oder ungewöhnliche Vertragsänderungen bzw. Zahlungsmethoden kurz vor dem Eintritt der Insolvenz können im Nachhinein vom Insolvenzverwalter angefochten werden.
Handlungsempfehlung
Alle Transaktionen sollten einer rechtlichen Prüfung auf Anfechtungsfestigkeit unterzogen werden, um späteren Rückforderungen oder strafrechtlichen Vorwürfen vorzubeugen.
Verlagerung strategisch wichtiger Assets vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit
Inhalt
In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, immaterielle Vermögenswerte wie Marken oder Patente noch rechtzeitig – d. h. vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit – auf eine andere Gesellschaft im Konzern zu übertragen, sofern dies marktgerecht und dokumentiert erfolgt.
Handlungsempfehlung
Eine solche Maßnahme muss gut begründet und wirtschaftlich nicht gegen die Interessen der Tochtergesellschaft und nachvollziehbar sein, idealerweise auf Basis einer unabhängigen Bewertung.
Eigentumsvorbehalte und Sicherungsrechte aktivieren
Inhalt
Wenn die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft Waren geliefert oder Anlagen zur Verfügung gestellt hat, kann geprüft werden, ob Eigentumsvorbehalte wirksam vereinbart wurden.
Handlungsempfehlung
Ein durchsetzbarer Eigentumsvorbehalt nach französischem Recht („clause de réserve de propriété“) kann helfen, Liefergegenstände im Krisenfall zurückzuerhalten.
Die Gesellschaft überträgt vorübergehend alle oder einen Teil ihrer Vermögenswerte (in der Regel Anlagen) an ein Finanzierungsunternehmen, behält sich aber die Möglichkeit vor, sie für die Geschäftstätigkeit wieder zu verwenden oder sie zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukaufen.
Dies ist eine Lösung, mit der schnelle Liquidität geschaffen wird und eine Verschärfung der finanziellen Krise verhindert werden kann.
- Andere Möglichkeiten? Subunternehmer für andere Unternehmen werden
Als Subunternehmer für ein anderes Unternehmen tätig zu werden, ermöglicht es, das eigene Geschäft weiterzuführen und gleichzeitig die Fixkosten und das Risiko zu senken. Das ermöglicht es, Verluste zu begrenzen und möglicherweise eine gesunde finanzielle Situation zu erreichen, die es dem Unternehmen ermöglicht, seine Tätigkeit selbstständig wieder aufzunehmen.
Welche Kosten können bei einer Umstrukturierung entstehen?
Wenn eine Tochtergesellschaft umstrukturiert wird, ist es von größter Bedeutung, sich über die Kosten einer solchen Umstrukturierung Gedanken zu machen, insbesondere in Bezug auf die Arbeitnehmer. Der Personalabbau kann einen erheblichen Teil der Umstrukturierungskosten ausmachen. In Frankreich variieren diese Kosten je nach Status des Arbeitnehmers, seiner Betriebszugehörigkeit und der Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Entlassung, Vertragsbruch …).
Welche Kosten entstehen bei Kündigungen im Rahmen einer Umstrukturierung?
Zu den Kosten, die bei Kündigungen entstehen, zählen:
Kosten, die entstehen, wenn die Muttergesellschaft haftet
In diesem Zusammenhang muss zwischen der Situation unterschieden werden, in der die Tochtergesellschaft Gefahr läuft, in ein Insolvenzverfahren zu geraten, sich aber noch nicht in einem solchen befindet, und der Situation, in der sie bereits Gegenstand eines solchen Verfahrens ist.
Vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (in bonis Tochterunternehmen)
a. Unterkapitalisierung und Garantien
Die chronische Unterkapitalisierung der Tochtergesellschaft fällt in die Verantwortung der Muttergesellschaft als Gesellschafterin und nicht mehr des Geschäftsführers.
Wenn die Muttergesellschaft sich weigert, eine Sicherheit bzw. Patronatserklärung zu stellen, kann der Abschlussprüfer sein Testat über den Jahresabschluss verweigern.
b. Finanzielle Unterstützung: zwischen Legitimität und Risiko
Die Finanzierung einer Tochtergesellschaft in bonis ist rechtmäßig und oftmals heilsam. Ist die wirtschaftliche Lage jedoch unwiederbringlich gefährdet, kann diese Unterstützung problematisch werden.
Eine langanhaltende Unterstützung kann für Dritte einen irreführenden Anschein von Kreditwürdigkeit erwecken. Wenn dies dazu führt, dass Gläubiger berechtigterweise, die Muttergesellschaft für verantwortlich halten, kann diese unter Umständen haftbar gemacht werden.
Während des Insolvenzverfahrens (Sanierungsverfahren, Insolvenz mit Fortführung oder mit Abwicklung)
a. Zivilrechtliche Haftung der Muttergesellschaft für missbräuchliche Unterstützung (Artikel L. 650-1 C. com.).
Grundsätzlich kann ein Gläubiger (einschließlich der Muttergesellschaft) nicht für den Schaden haftbar gemacht werden, der mit einer finanziellen Unterstützung verbunden ist, es sei denn es liegt folgendes vor:
- Betrug;
- unrechtmäßige Einflussnahme in die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft;
- Garantien, die in keinem Verhältnis zu den gewährten Unterstützungen stehen.
b. Haftung im Rahmen der faktischen Geschäftsführung (Artikel L. 651-1 ff. frz. Handelsgesetzbuch.)
Der Muttergesellschaft kann faktische Gesellschaftsführung vorgeworfen werden, wenn sie eine autonome, effektive und regelmäßige Autorität über die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft ausübt.
Die faktische Geschäftsführung wird zur Haftungsgrundlage, wenn sie mit einem Managementfehler einhergeht, der zur Unterdeckung beigetragen hat (längerer defizitärer Betrieb, auffälliger und ungerechtfertigter strategischer Bruch, Entscheidungen, die den Interessen der Tochtergesellschaft zuwiderlaufen).
c. Missbräuchliche Einmischung in die Geschäftsführung
Die Muttergesellschaft kann haftbar gemacht werden, wenn sie sich in die Geschäftsführung der Tochtergesellschaft eingemischt hat, indem sie:
- ihr die Eigenständigkeit genommen hat; und
- zu einer Verarmung ohne Gegenleistung geführt hat, die ausschließlich der Muttergesellschaft zugutekommt.
Ein solches Vorgehen würde es ermöglichen, die Muttergesellschaft zivilrechtlich für unerlaubte Handlungen haftbar zu machen und sie sogar zum Gesamtschuldner zu erklären.
Françoise Berton, französische Rechtsanwältin
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