Fachkräfteeinwanderungsgesetz und ausländische Fachkräfte

blank


Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Ausländische Fachkräfte kommen leichter nach Deutschland

Darstellung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes

Das sogenannte Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FKEG), das seit dem 1. März 2020 gilt, bringt Lösungen zum Problem des bekannten Fachkraftmangels in Deutschland. Das Gesetz lockert insbesondere das Aufenthaltsgesetz. Qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten (Staaten, die kein Mitglied der Europäischen Union sind, sowie Länder außerhalb von Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz) sollen somit leichter nach Deutschland einwandern bzw. dort als Arbeitnehmer versetzt werden. Für EU-Bürger gilt ohnehin die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Wir erklären in diesem Artikel die Erwerbsmigration erklärt sowie die wichtigsten Regelungen des FKEG.

Was ist die Erwerbsmigration?

Es handelt sich im Wesentlichen um eine Migration zum Zweck der Ausübung einer abhängigen Beschäftigung als Arbeitnehmer. Konkret geht es um solche Beschäftigungen, für die in Deutschland eine Berufsausbildung oder eine akademische Ausbildung notwendig ist.

Welche Personen sind Fachkräfte im Sinne des FKEG?

Fachkraft ist ein Ausländer, der

  • eine inländische (deutsche) qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzt (Fachkraft mit Berufsausbildung) oder
  • einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss besitzt (Fachkraft mit akademischer Ausbildung).

Unter welchen Voraussetzungen können Ausländer aus Drittstaaten, die in Deutschland arbeiten wollen, eine Aufenthaltserlaubnis erlangen?

Grundvoraussetzungen

Das Aufenthaltsrecht sieht grundsätzlich vor, dass Fachkräfte aus Drittstaaten folgende Voraussetzungen erfüllen müssen:

  1. Konkretes Arbeitsplatzangebot in Deutschland,
  2. Vollanerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses oder eines akademischen Abschlusses,
  3. Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit.

Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, wird Fachkräften ein Aufenthaltstitel für die Dauer von 4 Jahren erteilt. Wenn das Arbeitsverhältnis auf einen kürzeren Zeitraum befristet ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für diesen kürzeren Zeitraum zuzüglich 3 Monate, nicht jedoch für länger als 4 Jahre, erteilt.

Von dieser Grundregel gibt es durch das FKEG seit 2020 nunmehr folgende Ausnahmen, die Ausländern die Erwerbsmigration erleichtern:

Ausnahme dank der Sprachkenntnisse

Auch ohne Arbeitsplatzzusage kann eine Fachkraft zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland einreisen, wenn sie über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfügt (mindestens B1). In einem solchen Fall wird eine Aufenthaltserlaubnis für eine Dauer von 6 Monaten erteilt. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zudem zur Ausübung von Probebeschäftigungen bis zu 10 Stunden pro Woche. Voraussetzung ist zudem, dass die betreffende Person ihren Lebensunterhalt sichern kann.
Hinweis: Fachkräfte mit akademischer Ausbildung müssen solche Sprachkenntnisse nicht nachweisen.

Ausnahme durch Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Die Einreise kann einer Fachkraft auch zum Zweck der Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation gestattet werden. Voraussetzung hierfür ist eine Absprache der Bundesagentur für Arbeit mit der Arbeitsverwaltung des Herkunftslandes. Die Aufenthaltserlaubnis wird für ein Jahr erteilt und kann um jeweils ein Jahr bis zu einer Höchstaufenthaltsdauer von 3 Jahren verlängert werden. Die Fachkraft muss hinreichende Sprachkenntnisse vorweisen können (d.h. mindestens A2). Probebeschäftigungen sind auch in diesem Fall bis zu 10 Stunden pro Woche möglich sowie eine darüberhinausgehende Beschäftigung im Zusammenhang mit der angestrebten Fachkrafttätigkeit.

Ausnahme dank der ausgeprägten berufspraktischen Kenntnisse im Bereich IT

Einem Ausländer mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen kann für eine Dauer von 4 Jahren eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung erteilt werden, wenn die Beschäftigungsverordnung bestimmt, dass der Ausländer zur Ausübung dieser Beschäftigung zugelassen werden kann. Nach der Beschäftigungsverordnung betrifft dies Ausländer, die berufspraktische Erfahrung auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie gesammelt haben. Konkret muss nachgewiesen werden, dass in den letzten 7 Jahren eine 3-jährige Berufserfahrung gesammelt wurde.

Weitere Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis sind:

  1. ein bestimmtes Mindestgehalt (mindestens 60 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung, sprich 54.360 Euro im Jahr 2024) verdienen und
  2. über hinreichende Sprachkenntnisse verfügen (mindestens B1). Vom Erfordernis der Sprachkenntnisse kann allerdings in Einzelfällen abgewichen werden.

Ausnahme wegen der Durchführung einer Qualifizierungsmaßnahme

Ausländern soll zudem zum Zweck der Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation Aufenthaltserlaubnis für die Dauer von 2 Jahren für die Durchführung einer Qualifizierungsmaßnahme erteilt werden. Hierfür müssen hinreichende Sprachkenntnisse (mindestens A2) nachgewiesen werden. Probebeschäftigungen sind bis zu 10 Stunden pro Woche möglich sowie darüberhinausgehende Beschäftigung im Zusammenhang mit der angestrebten Fachkrafttätigkeit.

Ausnahme wegen Ausbildungsplatz-/Studienplatzsuche

Ebenso ist durch das FKEG ein neuer Aufenthaltstitel für die Einreise zur Absolvierung einer betrieblichen Ausbildung geschaffen worden.

Einem Ausländer kann zum Zweck der Suche nach einem Ausbildungsplatz zur Durchführung einer qualifizierten Berufsausbildung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn:

  1. er das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
  2. der Lebensunterhalt gesichert ist,
  3. er über einen Abschluss einer deutschen Auslandsschule oder über einen Schulabschluss verfügt, der zum Hochschulzugang im Bundesgebiet oder in dem Staat berechtigt, in dem der Schulabschluss erworben wurde, und
  4. er über gute deutsche Sprachkenntnisse (mindestens B2) verfügt.

Die Aufenthaltserlaubnis wird für bis zu sechs Monate erteilt.

Einem Ausländer kann zum Zweck der Studienbewerbung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn:

  1. er über die schulischen und sprachlichen Voraussetzungen zur Aufnahme eines Studiums verfügt oder diese innerhalb der Aufenthaltsdauer (9 Monate) erwerben werden soll und
  2. der Lebensunterhalt gesichert ist.

Inwiefern wird durch das FKEG das Verfahren für die Aufenthaltserlaubnis vereinfacht?

Beschleunigtes Fachkräfteverfahren

Durch das FKEG ist ein sogenanntes „Beschleunigtes Fachkräfteverfahren“ eingeführt worden. Hierbei arbeiten Arbeitgeber und die zuständige Ausländerbehörde zusammen. Der Arbeitgeber kann das beschleunigte Verfahren beantragen, wenn er hierzu vom Ausländer bevollmächtigt wird.

Wer hat Anspruch darauf?

Das „Beschleunigte Fachkräfteverfahren“ können Ausländer in Anspruch nehmen, die eine Aufenthaltserlaubnis

  1. zum Zweck der betrieblichen Aus- und Weiterbildung,
  2. für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen,
  3. zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung als Fachkraft mit Berufsausbildung oder
  4. zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung als Fachkraft mit akademischer Ausbildung begehren.

Das „Beschleunigte Fachkräfteverfahren“ kann auch mit dem Ziel der Erteilung einer Blaue Karte EU (ein Aufenthaltstitel für Hochschulabsolventen aus Drittstaaten mit besonderer beruflicher Erfahrung) betrieben werden.

Was sind die Vorteile?

  • Ausländerbehörde steht dem Arbeitgeber während des Verfahrens zur Seite
  • Ausländerbehörde übernimmt Kommunikation mit anderen Behörden (z.B. bei der Visumsantragsstellung)
  • Verkürzung des Verfahrens

Was sind die Schritte?

  1. Schritt 1: Bevollmächtigung des Arbeitgebers
  2. Schritt 2: Kontaktaufnahme mit der Ausländerbehörde
  3. Schritt 3: Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Ausländerbehörde (Bearbeitungsgebühr 411,00 €)
  4. Schritt 4: Anerkennung der ausländischen Qualifikation (Frist: 2 Monate)
  5. Schritt 5: Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit (Frist: 1 Woche; wenn es nach 1 Woche keine Rückmeldung gibt, gilt die Zustimmung als erteilt)
  6. Schritt 6: Erteilung der Vorabzustimmung für den Visumsantrag
  7. Schritt 7: Beantragung des Visums im Ausland

Beratungsstelle

Außerdem sind durch das FKEG eine Servicestelle Anerkennung und zentrale Ausländerbehörden eingerichtet worden. Diese Servicestelle steht Fachkräften während des Anerkennungsverfahrens beratend zur Seite. Beratungen finden z.B. zum Verlauf des Anerkennungsverfahrens statt. Zudem wird den Antragstellern dabei geholfen, die richtigen Dokumente zusammenzustellen.

Was beinhaltet das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung“?

Im November 2023, im März 2024 und im Juni 2024 ist schrittweise eine Reform zur Erweiterung des FKEG von 2020 in Kraft getreten, das “Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung“.

Es hat drei Säulen:

  1. Die Fachkräftesäule,
  2. die Erfahrungssäule und
  3. die Potenzialsäule.

Die Fachkräftesäule

Die Fachkräftesäule ist der wichtigste Bestandteil der Gesetzesreform von 2023. Im Wesentlichen sind folgende Neuerungen erfolgt:

Neugestaltung der Regelungen zur Blauen Karte EU (ab November 2023)

Die Blaue Karte EU ist ein Aufenthaltstitel für Hochqualifizierte aus dem Nicht-EU-Ausland. Die Blaue Karte EU kann in fast allen EU-Mitgliedstaaten beantragt werden. Die Voraussetzungen variieren leicht von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat.

Für die Blaue Karte EU für Deutschland gelten seit November 2023 abgesenkte Gehaltsgrenzen. Nunmehr gilt ein Mindestgehalt von 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (d.h. 41.042 Euro in 2024) für sogenannte Engpassberufe und Berufsanfänger, sowie 50 % für alle anderen Berufe (d.h. 45.300 Euro).

Die Liste der Engpassberufe ist erheblich erweitert worden. Erfasst sind insbesondere Berufe im naturwissenschaftlichen Bereich, in der Produktion von Waren, im Bau, in der Logistik, in der Informations- und Kommunikationstechnologie, im medizinischen sowie im schulischen Bereich.

Die niedrigere Gehaltsschwelle von 45,3 % gilt auch für IT-Spezialisten, die keinen Hochschulabschluss haben, aber mindestens 3 Jahre vergleichbare Berufserfahrung nachweisen können.

Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis (ab November 2023)

Erwähnenswert ist ebenso, dass Fachkräfte mit Berufsausbildung oder akademischer Ausbildung nunmehr einen Anspruchauf die Erteilung der Arbeitserlaubnis haben, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Zuvor stand die Entscheidung im Ermessen der Behörde, was bedeutet, dass der Aufenthaltstitel in bestimmten Fällen trotz Vorliegen der Voraussetzungen verwehrt werden konnte. Die Neuregelung schafft für die Antragsteller somit mehr Rechtssicherheit. Weiterhin ist das Gesetz nunmehr so formuliert, dass eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung jederqualifizierten Beschäftigung erteilt wird. Somit muss die ausgeübte Beschäftigung nicht mehr zwingend im Zusammenhang mit der Berufsausbildung oder dem Hochschulabschluss stehen. Zu beachten ist, dass es für reglementierte Berufe (Berufe, in denen nur mit ganz bestimmten Qualifikationen gearbeitet werden darf wie zum Beispiel der Arztberuf) Ausnahmen gibt.

Die Erfahrungssäule

Neben erworbenen Berufsqualifikationen oder Hochschulabschlüssen wird in der Gesetzesreform von 2023 nunmehr auch vermehrt ein Fokus auf die berufspraktische Erfahrung gelegt.

a. Wegfall der Notwendigkeit der Anerkennung bei Berufserfahrung (seit März 2024)

Wer mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und eine im Herkunftsland staatlich anerkannte Berufsausbildung hat, kann einen Aufenthaltstitel in Deutschland erlangen. Die Berufsausbildung muss somit nicht mehr in Deutschland anerkannt sein.

Zudem wird die zuvor erwähnte Mindestgrenze von 3 Jahren Berufserfahrung für IT-Spezialisten auf 2 Jahre abgesenkt.

b. Einreise und Beschäftigung im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft (seit März 2024)

Mit der Anerkennungspartnerschaft (Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer) wird ermöglicht, einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung zu erhalten und ein erforderliches Anerkennungsverfahren erst nach der Einreise durchzuführen. Folgende Voraussetzungen müssen hierfür erfüllt sein: Vorliegen eines Arbeitsvertrags, Vorliegen einer Berufsqualifikation, die eine mindestens zweijährige Ausbildung erfordert hat oder eines Hochschulabschlusses sowie hinreichende Sprachkenntnisse (mindestens A2). Die Aufenthaltserlaubnis wird in der Regel für ein Jahr erteilt und kann auf bis zu drei Jahre verlängert werden.

Die Potenzialsäule (seit Juni 2024)

Durch die Chancenkarte wird – ähnlich wie etwa in Kanada – ein Punktesystem eingeführt und sie ermöglicht die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Suche einer Beschäftigung.

Zum einen können Drittstaatsangehörige, die eine volle Gleichwertigkeit der ausländischen Qualifikation nachweisen und daher als „Fachkräfte“ gelten, die Chancenkarte ohne weitere besondere Voraussetzungen erhalten.

Alle anderen haben die Möglichkeit, die Punkte-Chancenkarte zu erlangen. Die Voraussetzungen lauten wie folgt: Ein ausländischer Hochschulabschluss, ein mindestens zweijähriger Berufsabschluss (jeweils im Ausbildungsstaat staatlich anerkannt) sowie einfache deutsche (A1) oder gute englische Sprachkenntnisse (mindestens B2).

Die Punktevergabe für die Punkte-Chancenkarte erfolgt anhand von 12 Merkmalen, die gesetzlich festgelegt sind.

Fazit

Das FKEG von 2020 und die Reform von 2023 beinhalten zahlreiche Regelungen, die die Erwerbsmigration erleichtern. Insgesamt zeigt sich, dass der Gesetzgeber zunehmend bereits ist, die gesetzlichen Regelungen an die demographische Realität anzupassen und die bürokratischen Hürden für Fachkräfte abzubauen.

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

Alle Urheberrechte vorbehalten

Bild: hkarma



law

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *