Ärger mit 1N Telecom GmbH – Leitungsfreigabe durch Bundesnetzagentur erzwungen | Borns IT

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Opfer der 1N Telecom GmbH sehen sich nicht nur Inkassoforderungen wegen eines ungewollt eingegangenen Anbieterwechsels ausgesetzt, sondern stehen auch oft Monate ohne Telefonanschluss und Internetzugang da. Hier hat mich ein Leser darauf hingewiesen (danke dafür), dass ein Rechtsanwalt, der zahlreiche Betroffene vertritt, inzwischen nicht nur diese Inkassoforderungen erfolgreich anfechten konnte, sondern auch eine Leitungsfreigabe durch Bundesnetzagentur erzwungen hat. Ist zwar nervig, gibt aber einen Hoffnungsschimmer für Betroffene.

Kurzer Rückblick auf eine fiese Masche

blankDie 1N Telecom GmbH ist ein Telefon- und Internetanbieter (DSL, Glasfaser) mit Sitz in Düsseldorf, dessen Firmenname eine frappierende Ähnlichkeit mit der Deutsche Telekom AG aufweist. Für Ärger sorgt das Geschäftsmodell dieses Anbieters, denn die 1N Telecom GmbH schreibt Kunden der Deutsche Telekom an, deren Festnetznummern noch im öffentlichen Telefonbuch gelistet sind. Die Briefe sind persönlich adressiert und enthalten auch die Nummer ihres aktuellen Festnetzanschlusses.

Im Brief geht es um einen Vertragswechsel zu einem vermeintlich “günstigeren” Tarif. Viele (vor allem ältere) Kunden glauben, auf Grund der Namensähnlichkeit, dass dieser Wechsel innerhalb der Deutsche Telekom stattfindet. Der “Irrtum” löst sich auf, wenn die Opfer dann ein Willkommensschreiben der 1N Telecom mit der Info: “Wir richten den Anschluss ein” bekommen.

Ziehen die Telekom-Kunden dann die Kündigung ihres Vertragsabschlusses zurück, so dass die Portierung nicht stattfindet, schickt die 1N Telecom GmbH ein Schreiben, in dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags gefordert wird. Das Schreiben kommt i.d.R. nachdem die 14 Tage Widerrufsfrist ab Vertragsschluss abgelaufen ist. Die Schadensersatzforderung beläuft sich um die 400 Euro. Die Verbraucherzentralen warnen seit Monaten vor diesem Anbieter (siehe Verbraucherzentrale Niedersachsen: Warnung vor Vertragswechsel zu 1N Telecom).

Wer den Anschluss zur 1N Telecom GmbH übertragen lässt, läuft womöglich in ein gänzlich anderes Problem: Trotz Vertrag gelingt es nicht, den Telefon- und Internetanschluss einzurichten. Ich hatte hier im Blog über solche Fälle berichtet. Die 1N Telecom GmbH kassiert aber Monat für Monat, obwohl keine Leistung erbracht wird. Supportanfragen laufen ins Leere – und der Versuch, die Leitung zur Deutsche Telekom zurückportieren zu lassen, scheitern auch. Die 1N Telecom GmbH blockiert die Zurückportierung.

Klagen bisher erfolgreich

Gegen das Geschäftsgebaren der 1N Telecom GmbH sind sowohl die Deutsche Telekom als auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen vorgegangen. Ich hatte im Beitrag Deutsche Telekom geht gegen 1N Telecom GmbH wegen “Werbebriefen” vor über den Ansatz der Deutsche Telekom berichtet, die wohl eine einstweilige Verfügung erwirken konnte.

Auch die Klagen der Verbraucherzentrale hatten zwar Erfolg – ich hatte in den Blog-Beiträgen 1N Telecom GmbH: Was ist da los? Wirken Urteile? (Juni 2024) – Teil 1 und Urteil der Verbraucherzentrale gegen 1n Telecom GmbH (Juni 2024) – Teil 2 über diese Entwicklung berichtet. Inzwischen sucht die Verbraucherzentrale Betroffene, um eine Sammelklage zu führen (siehe Verbraucherzentrale sucht Betroffene für Sammelklage gegen 1n Telecom GmbH).

Sind alles zwar ermutigende Entwicklungen. Aber es sieht so aus, als ob dem Geschäftsgebaren der 1N Telecom GmbH immer noch kein Riegel vorgeschoben werden konnte. Es gibt nun Berichte, dass die 1N Telecom GmbH (scheinbar wahllos) Verbraucher per Post und per E-Mail kontaktiert. In den Schreiben wird behauptet, dass von Seiten der Betroffenen vertragswidrig keine Portierung zum Vollzug des Anbieterwechsels stattgefunden habe. Es wird ausgeführt, dass die 1N Telecom GmbH “zur fristlosen Kündigung berechtigt” sei. Dazu gilt “was juckt es mich, wenn Nachbars Hund Flöhe hat”. Spannend wird es aber, dass der so angeschriebene “Kunde” zu Zahlung von Schadensersatz in Höhe von über 400,00 Euro verpflichtet wird.

Ich habe das Wort “Kunde” in Anführungszeichen gesetzt, denn es sieht so aus, dass vorher kein Kontakt zwischen der 1N Telecom GmbH und dem Angeschriebenen bestand – letzterer konnte daher kein Kunde sei. Es handelt sich daher auch nicht – wie in den Altfällen – um einen etwas “irrtümlich” in die Wege geleiteten Vertragswechsel. Deckt sich vermutlich mit diesem Kommentar, da die Person nie im Vertragsverhältnis mit dem Unternehmen stand. An einen bedauerlichen Irrtum, der mal vorkommen kann, glaube ich nicht mehr. Aus meiner Sicht drängt sich der Verdacht auf, dass diese Schreiben, bei zutreffendem Sachverhalt, den Tatbestand des Betrugs erfüllen, ob sich die Betrugsabsicht nachweisen lässt, wird man abwarten müssen.

Juristische Daumenschrauben helfen

Betroffene stehen häufig vor dem Problem, dass einerseits Inkassoforderungen des Unternehmens ins Haus flattern, aber auf Beschwerden nicht reagiert wird. Noch schlimmer: Die Opfer sitzen oft ohne Telefonanschluss und Internetzugang da – die Leitungen funktionieren schlicht nicht, von 1N Telecom GmbH wird keine Leistung erbracht. Aber es gehen Forderungen ein, die auch zügig an Inkasso-Firmen weitergereicht werden.

Wer auf einen funktionierenden Telefonanschluss angewiesen ist – z.B. wegen Hausnotruf bei älteren Personen, ist ziemlich aufgeschmissen. Hier hilft nur eine anwaltschaftliche Vertretung, sofern man nicht sehr fit ist. Speziell wenn es um eine Rückportierung  geht, muss ggf. die Bundesnetzagentur eingeschaltet werden, die dies dann erzwingt.

Rechtsanwalt Fabian Fritsch vertritt zahlreiche Opfer der 1N Telecom GmbH juristisch und kann laut eigener Aussage inzwischen auch Erfolge vorweisen. In seinem Beitrag 1N Telecom – Bundesnetzagentur erzwingt Leitungsfreigabe vom 9. September 2024 hat er einige Highlights dokumentiert.

  • In einem aktuellen Fall ließ sich durch Beiziehung der Bundesnetzagentur die Rückportierung der Leitung von 1N Telecom GmbH zum alten Anbieter erreichen – die 1N Telecom GmbH gab die Leitung “freiwillig” frei.
  • Auch im Hinblick auf unberechtigte Forderungen ist es dem Anwalt offenbar gelungen, eine Klärung im Sinne der Opfer zu erreichen – die 1N Telecom GmbH verzichtete, da sie in einem Verfahren vor Gericht den kürzeren gezogen hätte.

Insgesamt sieht es für mich nach Lektüre des Beitrags von Rechtsanwalt Fritsch so aus, dass Opfer gute Chancen haben, aus dem Vertrag mit der 1N Telecom GmbH heraus zu kommen. Ärger und Kosten hat man auf jeden Fall (wohl dem, der eine Rechtsschutzversicherung hat).

Daher empfehle ich alle Opfer, sich an der von mir im nachfolgend verlinkten Artikel angesprochenen Sammelklage der Verbraucherzentrale zu beteiligen. Wer von der 1N Telecom GmbH ohne vorherigen Kontakt angeschrieben und mit “Schadensersatzforderungen wegen nicht portiertem Telefonanschluss” konfrontiert wurde, sollte eine Betrugsanzeige stellen.

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